Sonntag, 25. Oktober 2015

Er ist wieder da (2015)

Inhaltsangabe:
Grade eben war es noch 1945, da erwacht Adolf Hitler im Berlin des Jahres 2014. Frei von jeder Erinnerung, wie es ihn hierher verschlagen hat, muss sich "Der Führer" in die heutige Zeit einfügen. Entdeckt wird Adolf von Sawatzki, einem naiven, erfolglosen und aktuell arbeitslosen Reality-TV-Produzenten, der ihn für einen extrem provokanten Komiker hält. Gemeinsam ziehen sie fortan durch Deutschland und Sawatzki filmt Hitler dabei, wie er Bürger zur Lage der Nation befragt. Diese Interviews stellt Sawatzki bei YouTube ein, wodurch Adolf zum Online-Hit wird.
Dies führt dazu, dass auch das Fernsehen bald nicht mehr vor der braunen Gefahr sicher ist. Als Sawatzki endlich begreift, dass es sich bei seinem Schützling um keinen Imitator, sondern um den echten Hitler handelt, ist dieser nicht mehr zu stoppen.

Besprechung:
Der Film, der eine Mischung aus Drama und Komödie darstellt, hat bereits vor Kinostart für viel Kontroverse gesorgt. Im Zentrum steht die Frage: Darf man in Deutschland über den Führer und die Nazizeit lachen bzw. Witze machen? Diese Frage muss sich jeder selbst beantworten. Was ich beantworten kann, ist die Frage: Kann ich als Deutscher über solche Witze lachen? Die Antwort lautet: Ja, aber nur bedingt. Und genau damit spielt die Film - meist recht geschickt - über seine gesamte Laufzeit.

Der Film beginnt als reine, jedoch absolut politisch inkorrekte Komödie. Wir begleiten den naiven Sawatzki auf seinem Roadtrip mit Hitler, dessen Sprüche zu Beginn des Films zwar schon böse, aus der Situation heraus aber immer noch komisch und relativ harmlos wirken und sich oft um sein Unverständnis über die heutige Zeit drehen, was ihn wie einen Fisch auf dem Trockenen wirken lässt. Durch diese klassische Fish-out-of-Water Konstellation nimmt der Führer automatisch die Rolle des Underdogs ein, wodurch sich der Zuschauer immer wieder für Sekundenbruchteile dabei ertappt, Sympatien für Hitler zu entwickeln. Diese verfallen natürlich sofort, wenn man sich erneut ins Gedächtnis ruft, wer unser Protagonist ist. In diesen Momenten funktioniert der Film sehr gut und spielt geschickt mit den Emotionen des Zuschauers.

In den Sequenzen, in denen Adolf Deutsche Bürger interviewt, betreten wir erstmals die dramatische Ebene. In diesen Szenen spielt Hitler den neutralen Fragensteller, während das fragwürdige Gedankengut von seinen Gesprächspartnern kommt, die er dann durch Folgefragen geschickt auf die gewünschte Schiene leitet. Hier setzt sehr oft Fremdschämen ein, denn man möchte sich einreden, dass kein Einheimischer wirklich solche faschistischen Äußerungen von sich geben würde. Da wir Interviews dieser Art aber schon zu häufig im Fernsehen gesehen haben, wissen wir leider, dass dies nicht an den Haaren herbeigezogen ist, wodurch diese Szenen stark an Wirkung gewinnen. Auch wenn ich kein Fan des Found-Footage-Genres bin, funktioniert es hier recht gut, diese Einstellungen im Dokumentar-Stil zu filmen, da dies zusätzlich die Illusion untermauert, man würde echte Interviews betrachten.

Wirklich unangenehm wird der Film erst, als ein Fernsehproduzent, der seiner Vorgesetzten schaden will, ein Autorenteam richtig bösartige Witze für Hitler schreiben lässt. Die Autoren wollen dies zwar nicht, ziehen sich aber dennoch ein paar üble One-liner aus dem Hintern, über die tatsächlich niemand lachen kann. Dies war an dieser Stelle allerdings auch bewusst so gewollt, um die endgültige Abwendung des Film von der reinen Komödie darzustellen. Den schmierigen kleinen Produzenten mit Hitler zu vergleichen und die Autoren zu widerwilligen, sich aber nicht verweigernden Mitläufern zu machen, war zwar interessant, hinkt aber im Gesamtkonzept, da dies die Person Hitler zu sehr verharmlost.

Für den Rest seiner Laufzeit möchte der Film nun ein Drama mit satirischen Einlagen sein. Dies funktioniert aber nur bedingt, da es diverse Spolpersteine gibt.
Prinzipiell stellt sich das Drehbuch durch die folgenden Punkte selbst ein Bein:

Sawatzki, der als Comic-Relief dienen soll und daher naiv und kindisch dargestellt wird, ist als Person einfach viel zu unglaubwürdig. Die gesamte Handlung um seine Annäherungen an die Studio-Sekretärin - und dessen Erfolg - wirkt aufgesetzt. Ihm wird zu viel Zeit gewidmet, ohne dass dies einen echten Nutzen bringt. Am Ende durchschaut er dann plötzlich, dass es sich um den echten Hitler handelt, dies bleibt aber ob seiner Bedeutungslosigkeit ohne echte Konsequenzen. Der gesamte Charakter hat im Grunde keine Relevanz und wirkt daher rückblickend überflüssig - und zudem ein wenig langweilig.

Die Rolle hätte vielleicht recht gut funktioniert, wenn wir uns an der Stelle, an der aus Adolf eine TV-Persönlichkeit geworden ist, von ihr verabschiedet hätten. Damit hätte man auch den nächsten Stolperstein umgangen - warum schleppt Hitler seinen Entdecker bis zum Schluss der Handlung mit, obwohl ihm Sawatzki nichts bringt, ihn eher ausbremst? Nachdem er seine Schuldigkeit getan hat, wäre es viel sinnvoller gewesen, wenn er sich von diesem Ballast befreit hätte. Adolf Hitler ist nun mal nicht als Gutmensch oder Wohltäter bekannt, daher verzerrt es die Handlung und Glaubhaftigkeit erheblich, dass sich die Figur Sawatzki bis zum Ende der Handlung im inneren Kreis befindet.

Der letzte Fallstrick, der dem Film Punktabzüge einbringt, ist das danebengegangene Spiel mit der Metaebene. Hierbei schreibt Hitler im Film quasi selbst das Drehbuch zur Verfilmung, die sich der Zuschauer soeben ansieht. Dies würde auch durchaus funktionieren, aber der Drehbuchautor will dann leider mehr. So wird der Film zum Buch nun auch im Film verfilmt und man verstrickt sich ein wenig zu selbstgefällig in den Metaebenen. Gegen Ende des Films sehen wir Sawatzki und sollen denken, wir erleben eine Wendung im Film, wobei es sich aber nur um eine Wendung in der Handlung des Films im Film handelt. Dies läuft aber gehörig gegen die Wand, da Sawatzki der Regisseur des Films ist - erneut unnötig und unglaubwürdig, warum sollte Hitler ihm diese Aufgabe überlassen - und als solcher sicherlich das Drehbuch gelesen hat. Wenn er das Drehbuch allerdings kennen würde, ergibt das zur Verwirrung konstruierte Geschehen keinen Sinn. Da hat sich der echte Drehbuchautor zu sehr in den Handlungsfäden der Metaebene verstrickt - und dabei den Faden verloren.

Um diesen letztlich fehlgeschlagenen Gag aufzubauen, hat man bei den Dreharbeiten des Film im Film übrigens einen Schauspieler für die Rolle des Sawatzki präsentiert, der eine Maske im "Mission Impossible"-Stil trägt und damit genau wie der echte Sawatzki aussieht. Da alle anderen Schauspieler nicht in dieser Art gedoubelt wurden, hat dies bei mir zwei Dinge ausgelöst.
Erstens habe ich von da an genau auf einen dieser billigen Metaebenen-Gags gewartet, da es für die Maske sonst absolut keine Notwendigkeit gibt. Das zweite war jedoch viel dramatischer: Mit der Einführung der Maske hat der Film nahezu jegliche Glaubwürdigkeit für den folgenden Handlungsverlauf verloren. Wir haben uns mit der Einführung der Maske in den Bereich von Fantasy und Science Fiction begeben, was bei einer reinen Komödie in Ordnung gegangen wäre, bei einem Film, der in der zweiten Hälfte ein Drama sein möchte, aber absolut unpassend ist. Persönlich konnte ich ab dieser Stelle den Film nicht mehr auf der Ebene ernst nehmen, die nötig gewesen wäre, um ihn für mich zum echten Erfolg werden zu lassen.

Die letzte Szene des Film, in der Hitler seine Zukunft kontempliert - in einem Deutschland, das ihn und seine Ideologie nach seiner Rückkehr nicht aufgehalten, sondern sogar zum Medienstar gemacht hat, in einer Zeit, in der sich die Pegida bilden konnte und scharenweise Anhänger findet - zeigt dennoch deutlich die eigentliche Nachricht des Films auf: Als Deutscher redet man sich gern ein, dass die Vergangenheit sich nicht wiederholen kann, dass wir viel weiter entwickelt sind, als noch vor 80 Jahren. Hierzu hält der Film uns einen Spiegel vor und warnt, dass wir weiterhin aufmerksam sein müssen. Wehret den Anfängen!

Die Aussage des Films ist ehrenwert, aber Intention allein macht keinen guten Film aus. Insgesamt liegt hier ein leicht überdurchschnittlicher Kinoeintrag vor, der in der ersten Hälfte gut zu unterhalten weiß und die Kurve zum Drama in der zweiten Hälfte prinzipiell gut zu nehmen versteht, sich aber immer wieder in unnötigem Handlungsbeiwerk verstrickt und somit viel seiner Glaubwürdigkeit einbüßt und Potential ungenutzt verpuffen lässt. Ohne diese Verwicklungen wäre das Ende viel kraftvoller und ernstzunehmender im Gedächtnis hängen geblieben. Der Film hat sein Ziel somit nicht verfehlt, hätte es aber viel präziser treffen können.

Bewertung: 6/10


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